1904 in St. Louis war das Turmspringen zum ersten Mal olympische Disziplin und ist seitdem nicht mehr wegzudenken aus dem Programm. Jedoch hat sich seit den dritten Olympischen Spielen der Neuzeit so einiges geändert in dieser Sportart. Damals gab es nur zwei Wettbewerbe. Das Kunstspringen ähnelt dem heutigen Turmspringen vielleicht noch am meisten. Der Wettkampf hätte fast nicht stattfinden können, weil ein entsprechendes Brett zum Abspringen fehlte. Die deutschen Teilnehmer nahmen es selbst in die Hand und zimmerten ein Holzbrett, das sie am Rand des Sees anbrachten. Die Teilnehmerzahl war auch eher überschaubar. Im Kunstspringen waren es sage und schreibe fünf. Davon kamen drei aus dem Deutschen Kaiserreich und zwei aus den USA. In der zweiten Disziplin, dem Kopfweitsprung, war es nicht anders. Hier gab es ebenfalls nur fünf Teilnehmer und völlig witzlos war es, dass diese allesamt aus den USA stammten. Ich erzähle also nichts Neues, wenn ich sage, dass ein US-Amerikaner in dieser Disziplin gewann, in der es darum ging, einen Kopfsprung auszuführen und möglichst lange unter Wasser zu gleiten, ohne einen Schwimmzug zu vollziehen.
Die Disziplin des Kopfweitsprunges wurde ziemlich bald aus dem Programm genommen, die des Kunstspringens dafür immer weiter perfektioniert – bis heute. Es gibt mittlerweile vier verschiedene Disziplinen bei Olympia: die Einzelwettbewerbe sowie die Synchronwettbewerbe vom 3m- und vom 10m-Brett. Frauen und Männer treten auch hier getrennt voneinander an. Es gibt also acht Goldmedaillen zu verteilen.
Um in den Besitz dieses Edelmetalls zu kommen, gilt es vor allem, in der Luft die Körperspannung zu halten und optimal, heißt möglichst in einem 90°-Winkel, in das Wasser einzutauchen. Jedoch ist das nicht allein ausschlaggebend für eine gute Platzierung. Hinzu kommt der Schwierigkeitsgrad des Sprunges, mit dem die Noten der Kampfrichter (0 – 10) multipliziert werden. So hat ein eineinhalbfacher gehechteter Salto vorwärts den Schwierigkeitsgrad 1,6, während ein eineinhalbfacher Salto rückwärts mit viereinhalb Schrauben den Schwierigkeitsgrad 3,6 hat.
Die Wettbewerbe finden übrigens im neuerrichteten Aquatic Centre statt, in dem auch, bis auf den Schwimm-Marathon, alle Schwimm-Disziplinen ausgetragen werden.
Alle Augen auf:
Tom Daley (Großbritannien). Der Brite hat 2009 bereits mit 15 Jahren seinen ersten Weltmeistertitel gewonnen und zählt seitdem zur absoluten Weltspitze. Ein Jahr später gewann er bei den Commonwealth Games in Delhi gleich zweimal Gold, im Einzel- und im Synchronspringen vom 10m-Turm. Olympia 2012 wird seine zweite Teilnahme an Olympischen Spielen sein. Auch in Peking war der damals 14-Jährige schon dabei und erreichte überraschend das Finale. In London vor heimischem Publikum kann sich der Teenager nun unsterblich machen. Zwei Goldmedaillen liegen absolut im Bereich des Möglichen. Mein Tipp: Wenn die Nerven halten, gibt es zweimal Gold.
Melissa Wu (Australien). Eine Farbe fehlt in der Medaillensammlung von Melissa Wu – Gold. Bisher wurde sie zweimal Zweite bei Weltmeisterschaften (2007, 2011) und auch bei Olympia in Peking reichte es nur zu Silber. An Konstanz ist die Australierin aber in der Frauenkonkurrenz nicht zu überbieten und so wird sie auch in London wieder ganz weit vorne mitmischen. Zusammen mit ihrer Partnerin Alexandra Croak ist sie auch im Synchronspringen ein absoluter Kandidat für den obersten Platz auf dem Treppchen. Mein Tipp: einmal Gold, einmal Silber.
Titelbilder von Charles McCain (Creative Commons)