„I Forget Where We Were“ – Ben Howard

Es war ein Novemberabend im Jahr 2011. Ben Howard war auf Tour mit seinem ersten Album „Every Kingdom“ unterwegs. Auf der Bühne im Atomic Café in München griff er plötzlich zu einer E-Gitarre, nur um sie wenig später, nach nur zwei angespielten Noten wieder gegen seine Akustik-Gitarre einzutauschen. „Nein, die Welt ist noch nicht bereit dafür“, so oder so ähnlich versuchte er sich rauszureden und begann vermutlich einen ganz anderen Song zu spielen, als er zunächst vorhatte.

Im stillen Kämmerlein übte er weiter fleißig an seinen Skills auf der elektrischen Gitarre, obwohl jeder der damals Anwesenden wusste, dass Ben durchaus in der Lage gewesen wäre, den neuen Sound mit ihnen zu teilen. Doch wer Ben kennt, weiß, dass erst alles bis zur Perfektion ausgebaut werden muss, bevor es die Öffentlichkeit zu hören bekommt. Nicht umsonst hat sich der aus Devon stammende Musiker fast genau drei Jahre für die Veröffentlichung seines zweiten Studio-Albums Zeit gelassen.

Nur ein paar Monate nach dem Konzert in München sollte man dann doch die ersten elektrischen Klänge von Ben hören. „Oats in the Water“ war der Beginn einer neuen Ära, die über die „Burgh Island“-EP in seinem neuen Album „I Forget Where We Were“ mündete.

Ursprünglich „early 2014“ angekündigt, verschleppte sich der Release-Termin doch noch bis in den Oktober. In vier exklusiven Konzerten einen Monat zuvor ließ der Ausnahme-Gitarrist schon einmal einen tiefen Einblick in die Stimmung seines neuen Albums zu. Und von der ersten Note an aß ihm das Publikum aus der Hand – so zumindest kann man die Szenerie im Paradiso in Amsterdam beschreiben.

Nicht nur die beiden Vorveröffentlichungen „End Of The Affair“ und „I Forget Where We Were“ kamen beim Publikum an. Auch die Unbekannten fühlten sich irgendwie bekannt an. „Feels about the right time to play some new stuff“, waren seine Worte und so haben es auch nur „Oats in the Water“ und „The Fear“ als Zugabe zum neuen Album auf die Setlist geschafft.

„I Forget Where We Were“ ist nicht nur reifer als der Vorgänger, sondern auch eine ganz klare Ansage an diejenigen, die Ben Howard in eine Schublade mit anderen Singer-Songwritern packen wollten. Von denen grenzt er sich einmal mehr überzeugend ab.

Mit den schrägen Tönen von „Small Things“ schafft es Ben seine Zuhörer von der ersten Sekunde an zu packen und bis zum Schlussakkord von „All Is Now Harmed“, dem letzten Song auf der Platte, nicht wieder loszulassen. Wie bereits auf der Burgh Island EP gezeigt, versteht es Ben die Songs langsam aufzubauen und später fulminant enden zu lassen. Nur ein Song schafft es unter die Vier-Minuten-Marke: „In Dreams“ ist aber kein Aussätziger, sondern eher einer der musikalischen Höhepunkte der Platte. Mit der Finger-Picking-Passage am Anfang des Songs kehrt Ben sein gesamtes Talent nach außen und zeigt, dass Songwriter auch anders können, als sich mit simplen Akkorden zu begleiten – zumindest schafft er das auf „I Forget Where We Were“ immer wieder.

Trotz der Umstellung auf den elektrischen Sound ist es verblüffend, mit wie wenig Effekten das Album auskommt. Die Instrumente, vor allem Lead-Gitarre und Schlagzeug, klingen roh und unverändert, was den Sound des Albums ganz nah an die Live-Version heranbringt. Ingesamt ein wirklich tolles und ausgereiftes Zweitlingswerk von einem Ausnahmekünstler, der sicher noch Einiges im Köcher hat. Man darf jetzt schon auf Album Nummer drei gespannt sein, auch wenn bis dahin wahrscheinlich wieder ziemlich viel Zeit verstreichen wird.

Kritik

One Shot Not
Jam-Session mit Manu Katché

Bevor die Musik-Show One Shot Not, die auf dem deutsch-französischen Kulturkanal Arte ausgestrahlt wird, in die vierte Staffel startet, erprobt der Sender ein neues Konzept. Arte Live Web, so heißt das Internet-Angebot des Fernsehsenders, bei dem die User die Möglichkeit haben, Live-Auftritte noch vor ihrer Ausstrahlung in Echtzeit mitzuverfolgen.

Eine ungewohnte Rolle für den eigefleischten Fan der Sendung. Bekam er als Fernsehzuschauer zusätzlich exklusivere Einblicke in die Persönlichkeit der Künstler, so ist er in der Vorab-Version bei Arte Live Web als Konzert-Zuschauer in die dritte Reihe verbannt. Die Musik-Acts werden kurz angekündigt, kommen auf die Bühne, spielen und verlassen die Bühne wieder. Danach wird umgebaut für den nächsten Act. Anmoderationen, die in der Fernseh-Variante mehrmals eingesprochen werden können, müssen nun sofort sitzen. Ein Umstand, der besonders der charmanten Co-Moderatorin Alice Tumler Probleme bereitet. Oftmals weiß sie nicht genau in welcher Sprache sie weiter moderieren soll. Ab und an wirft sie die Sprachen sogar durcheinander. So ist die eigentliche Sprache der Sendung Französisch, auf Englisch werden die Künstler angekündigt und auf Deutsch die deutschen Zuschauer vor dem Bildschirm begrüßt.

Während der Umbauarbeiten findet keine Moderation statt. Internet-Zuschauer, die hauptsächlich der Musik wegen den Stream verfolgen, sind besser beraten, wenn sie sich einen Tag nach der Live-Ausstrahlung nur die Auftritte der Künstler ansehen, die dann im Zusammenschnitt ebenfalls auf Arte Live Web verfügbar sind.

Foto: S.Su  http://bit.ly/hK4Fzc
Foto: S.Su http://bit.ly/hK4Fzc

Vom Musiker zum Entertainer
Manu Katché, ein berühmter Studiomusiker aus Frankreich, ist Gastgeber von One Shot Not. Er hat in seiner Karriere die Schlagzeugstimmen mehrerer Sting-, Peter Gabriel- und Dire Straits-Alben eingespielt und war auch als Live-Musiker erfolgreich. Das Konzept seiner Show ist eine Mischung aus dem amerikanischen Format „Night music“ (NBC) von Saxophonist David Sanborn, in dem die Crème de la Crème der Jazz-Musiker zu sehen ist und der englischen Sendung „Later with Jools Holland“ (BBC), in der Underground präsentiert wurde.  Ein Konzept, das aufgeht. Die Fernseh-Ausgabe von One Shot Not ist an Authentizität nicht zu übertreffen. Die mit Orient-Teppichen ausgelegte Bühne und die spärliche Beleuchtung erzeugen eine gewisse Gemütlichkeit, die die Zuschauer dazu bewegt, sich auf den Boden zu setzen. Verschiedene Kameraeinstellung zeigen sowohl die Künstler, als auch die Reaktionen des Publikums und den schuftenden Tontechniker am Mischpult. Man erfährt etwas über die Betriebsgeheimnisse und die Spannungen im Team. Hier wird hinter die Glitzer- und Glamourfassade geschaut, die im Allgemeinen auf dem Bildschirm erscheint.

Sehr gelungen sind die Passagen zwischen den einzelnen Songs, in denen mittels Interviews und Ausschnitten aus Proben und Soundchecks dem Zuschauer die Künstler nähergebracht werden. Als Musiker wissen Manu Katché und Co-Moderatorin Alice Tumler genau, welche Fragen sie stellen müssen, damit sich die Künstler dem Fernsehzuschauer öffnen.

Die Mischung macht’s
One Shot Not wird in 15 Ländern ausgestrahlt. In vielen Ländern, aber besonders im Herkunftsland Frankreich, ist die Sendung sehr beliebt. Insbesondere, weil sich hier große Musiker wie Sting, Bryan Ferry und Peter Gabriel mit Nachwuchs-Künstlern und Bands aus dem Underground die Klinke in die Hand geben. Es gibt keine Grenzen. Von akustischen Elementen bis hin zu großen Big Band Ensembles ist bei One Shot Not alles erlaubt. Mittlerweile dient die Show vermehrt auch als Sprungbrett für talentierte Musiker. Jüngstes Beispiel ist Robert Francis, ein amerikanischer Singer-Songwriter, der in seinem Heimatland keinen Weg fand sich zu verwirklichen und durch One Shot Not nun europaweit bekannt ist und hier unzählige Platten verkauft.

Ab Januar 2011 wird die vierte Staffel dann auch wieder im Fernsehen ausgestrahlt. So lange müssen sich die Fans der Sendung noch gedulden und mit der Live Web-Version Vorlieb nehmen. Dass die Vorab-Version die eigentliche Sendung nicht ersetzen kann, steht außer Diskussion. Dafür fehlt es zu sehr an Tiefe und auch an Informationen über die verschiedenen Künstler. Es kann lediglich eine Einstimmung auf die neue Staffel sein. Der bessere Sendeplatz könnte dann sogar für noch mehr Zulauf sorgen. Dann läuft One Shot Not statt mittwochs um 23.30 Uhr immer samstags um 18 Uhr.

One Shot Not

Unplugged – das ist für mich die Königsdisziplin in der Musik. Künstler und Bands reduziert auf das wichtigste Element – reiner, akustischer Sound. Aber wo bekommt man heute noch die Chance, Künstler hautnah und unplugged zu erleben, ohne direkt ein Unplugged-Konzert besuchen zu müssen?
Fündig geworden bin ich beim Zappen durch das Abendprogramm. Auf Arte bin ich schließlich hängen geblieben. Die Jam-Session-Show „One Shot Not“ hat mir echt die Schuhe ausgezogen. Zumeist eher unbekannte, aber hoch talentierte Künstler spielen live und unplugged ihre Songs vor einer Hand voll Publikum.  Die Sendung ist mittlerweile in der dritten Staffel. Vergangene Episoden kann man sich leider nur bis 7 Tage nach der Ausstrahlung im Netz auf www.arte.tv/osn anschauen.
„One Shot Not“ läuft jeden Donnerstag gegen 23:30 Uhr auf Arte. Präsentiert wird die Show vom französischen Schlagzeuger und Studiomusiker, Manu Katché. Er hat unter anderem schon für „Sting“, „Simple Minds“ und „Dire Straits“ Schlagzeugstimmen eingespielt. Nun stellt er Künstler wie Ben Howard, Fink oder Patrice vor und sitzt oftmals selbst hinterm Schlagzeug um sie zu begleiten. Diese Show ist ein absolutes Muss für Leute, die ein offenes Herz für jegliche Art von akustischer Musik haben.

Gucken, gucken, gucken!!!

Phänomen „David Sides“

Es gibt doch immer wieder Musiker, die es einfach drauf haben. Auch wenn ich grad in der modernen Musik das Klavier eher als Begleitinstrument bevorzuge, schafft David Sides es irgendwie, dass es auch als Melodie-Instrument funktioniert. Eigene Arrangements von Songs aus Pop, Rock und Rn’B, alles nach Gehör gespielt. Das ist echt stark. Anbei eines der gelungensten Beispiele.